Kündigung trotz Krankschreibung – ist das erlaubt und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Kündigung trotz Krankschreibung – ist das erlaubt und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Wenn Sie eine Kündigung erhalten, ist dies in der Regel nie ein schönes Ereignis. Wenn Sie jedoch während einer Krankheitsphase gekündigt werden, so ist dies natürlich noch ärgerlicher und tut in der Regel auch der Genesung nicht gut. Doch ist es überhaupt erlaubt, eine Kündigung trotz Krankschreibung auszusprechen? Und wenn ja, was gilt gemäß dem deutschen Arbeitsrecht? In diesem Artikel werden wir uns mit den rechtlichen Aspekten beschäftigen und die Handlungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer in dieser Situation aufzeigen.

Hier schreibt: Steffen Hahn, Rechtsanwalt aus Viersen.

Eine Kündigung ist unter bestimmten Umständen erlaubt, auch wenn der Arbeitnehmer (länger) krankgeschrieben ist

Kann ein Arbeitnehmer grundsätzlich gekündigt werden, auch wenn er eine Krankschreibung hat? Ja, auch während einer Krankheitsphase darf ein Arbeitnehmer gekündigt werden.

Eine Krankschreibung schützt also nicht vor einer Kündigung!

Der besondere Kündigungsschutz (Sonderkündigungsschutz) gilt nur für bestimmte Personengruppen, z. B. Schwangere oder Schwerbehinderte – nicht jedoch für erkrankte Mitarbeiter.

Gemäß dem deutschen Arbeitsrecht hat der Arbeitgeber grundsätzlich das Recht, eine Kündigung auszusprechen. Dieses Recht steht ihm auch während einer Krankschreibung des Arbeitnehmers zu – jedoch gibt es bestimmte rechtliche Bestimmungen, die berücksichtigt werden müssen und welche die Möglichkeiten der Kündigung einschränken. Die Krankheit des kann – unter bestimmten Voraussetzungen – sogar der Grund für die Kündigung sein.

Es ist zu unterscheiden zwischen:

  • Haben Sie die Kündigung wegen Krankheit bekommen (also eine krankheitsbedingte Kündigung)?
  • Haben Sie eine Kündigung während der Krankschreibung erhalten (der Grund der Kündigung liegt hier also nicht in der Krankheit)?

Das ist eine wichtige Unterscheidung, denn für eine Kündigung aufgrund von Krankheit gelten strenge Voraussetzungen. Liegt der Grund der Kündigung aber (nachweisbar) an einer anderen Stelle, dann gelten die allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts. Das können zum Beispiel personenbedingte Kündigungen, verhaltensbedingte Kündigungen oder betriebsbedingte Kündigungen sein.

Das Kündigungsschutzgesetz schützt den Arbeitnehmer

Die rechtlichen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zielen darauf ab, den Arbeitnehmer generell vor ungerechtfertigten oder willkürlichen Kündigungen zu schützen. Damit das Kündigungsschutzgesetz für den individuellen Fall anwendbar ist, müssen erst einmal diese zwei Voraussetzungen zutreffen:

  1. Es müssen im Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt sein, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2003 begonnen hat, oder mehr als 5 Arbeitnehmer, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem 31.12.2003 begonnen hat.
  2. Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate ohne Unterbrechung bestehen.

Für Betriebe mit weniger als zehn Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht und Kündigungen sind seitens des Arbeitgebers wesentlich leichter durchzusetzen. Ein Grund für eine Kündigung muss aber immer vorliegen.

Damit eine Kündigung aufgrund von Krankheit rechtens ist (und damit sozial gerechtfertigt), müssen wiederum diese Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Es liegt eine negative Gesundheitsprognose vor, d.h. der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass der Arbeitsnehmer auch in Zukunft in Folge der Krankheit fehlen wird
  2. Durch die zu erwartenden Fehlerzeiten wird es zu einer Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers kommen – z. B. zu einer Störung des Betriebsablauf oder zu finanziellen Belastungen durch Lohnfortzahlung
  3. Es muss eine Interessenabwägung erfolgen, bei der das Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber mit dem Fortsetzungsinteresse des Arbeitnehmers abgewogen wird.

Die Interessenabwägung ist im Arbeitsrecht besonders wichtig und lässt Spielraum für das Einreichen einer Kündigungsschutzklage – dazu weiter unten mehr. Im Rahmen der Interessenabwägung werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie zum Beispiel:

  • Dauer der Erkrankung: Je länger die Krankschreibung andauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Interessenabwägung.
  • Auswirkungen auf den Betrieb: Es wird geprüft, ob die Krankheit des Arbeitnehmers den Betriebsablauf erheblich stört oder ob eine Weiterbeschäftigung mit zumutbaren Maßnahmen möglich ist.
  • Betriebsgröße: In größeren Betrieben kann es eher zumutbar sein, die Abwesenheit des erkrankten Mitarbeiters durch Umverteilung oder Ersatz zu kompensieren.
  • Persönliches: Das Alter und der Familienstand des Arbeitnehmers.

Eine Kündigung aufgrund von Krankheit ist also, wenn die oben genannten Voraussetzungen (negative Gesundheitsprognose, Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers, Interessenabwägung) zutreffen, nicht ausgeschlossen. Eine Kündigung jedoch allein aufgrund von Krankheit ist nicht rechtens.

Es gelten selbstverständlich noch weitere rechtliche Regelungen, z. B. diese zur ordentlichen Kündigung (mit Einhaltung der Kündigungsfrist) und außerordentlichen Kündigung. Auch die Frage, ob der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vorweisen kann und zum Beispiel eine stufenweise Wiedereingliederung vorsieht, spielt für die Beurteilung der Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung eine Rolle.

Welche Arten von krankheitsbedingten Kündigungen gibt es?

Diese sind nach Art der Krankheit eingestuft:

  • Es liegt eine krankheitsbedingte Leistungsminderung vor, d.h. die Leistungsfähigkeit des erkrankten Arbeitsnehmers ist dauerhaft um mindestens 1/3 reduziert
  • Es liegen häufige Kurzerkrankungen vor, zum Beispiel hat der Arbeitnehmer in den letzten 2 Jahren mindestens 6 Wochen wegen Krankheit gefehlt
  • Es liegt eine andauernde Erkrankung vor und diese wird noch 24 Monate andauern

Wie kann man sich gegen eine Kündigung während der Krankschreibung wehren?

Wenn Sie als Arbeitnehmer der Meinung sind, dass die erhaltene Kündigung aufgrund von Krankheit ungerechtfertigt oder diskriminierend ist, können Sie in einem Zeitraum von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Das Gericht überprüft dann die Wirksamkeit der Kündigung und berücksichtigt dabei auch die Interessenabwägung.

Vor allem in diesen Situationen macht rechtlicher Beistand Sinn:

  • Sie werden krankheitsbedingt gekündigt und Sie unterliegen dem Kündigungsschutzgesetz
  • Sie erhalten eine verhaltensbezogene, personenbezogene oder betriebsbezogene Kündigung – auch während der Krankschreibung – und unterliegen dem Kündigungsschutzgesetz, haben aber Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung
  • Sie arbeiten in einem Betrieb mit weniger als 10 Mitarbeitern und erhalten eine Kündigung, deren Wirksamkeit Sie anzweifeln

Es ist ratsam, sich in solchen Fällen von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen, um die individuelle Situation zu bewerten und die bestmöglichen rechtlichen Schritte in der richtigen Reihenfolge zu unternehmen und mit dem richtigen Wortlaut zu argumentieren. Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage – oder auch als Alternative – können Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag oder eine Abfindungsregelung in Betracht gezogen werden.

Jeder Fall ist einzigartig und ein Blog-Artikel wird eine individuelle Beratung nie ersetzen können.

Eine Krankschreibung schützt also nicht vor einer Kündigung! Trotzdem oder gerade dennoch kann eine fachmännische Prüfung der Kündigung ratsam sein.

Lassen Sie sich rechtlich zu Ihrer Kündigung beraten

Lassen Sie sich beraten und vereinbaren Sie einen Termin! Ich berate Sie gerne per Telefon oder vor Ort an den Standorten in Viersen oder Mönchengladbach.

Steffen Hahn

0 21 62 – 571 57 00
info@kanzlei-hahn.net

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